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Unternehmensergebnis   11.09.2023 15:38:56

Rückversicherer halten in Monte Carlo angesichts häufiger Unwetter die Hand auf

MONTE CARLO (awp international) - Eine Häufung von Waldbränden, schweren Hagelgewittern und Überschwemmungen schreckt die grossen Rückversicherer nicht von der Übernahme weiterer Katastrophenrisiken ab. Allerdings verlangen die Weltmarktführer Munich Re, Swiss Re und Hannover Rück von Erstversicherern wie Allianz und Axa erneut mehr Geld dafür - und wollen bei kleineren und mittelgrossen Unwettern nicht mehr ständig mit einspringen müssen.

Unterdessen erwartet die Branche 2023 wieder ein teures Naturkatastrophenjahr, wie ihre Vertreter beim traditionellen Branchentreffen in Monte Carlo deutlich machten. Beim "Rendez-Vous de Septembre", wie das Zusammenkommen offiziell heisst, im Fürstentum Monaco loten Rückversicherer und Erstversicherer seit dem Wochenende wieder die Konditionen für die Vertragserneuerung im Schaden- und Unfallgeschäft zum kommenden Jahreswechsel aus.

An der Börse kamen die Nachrichten gut an. Die Aktien von Munich Re, Swiss Re und Hannover Rück legten bis Montagnachmittag um ein bis zwei Prozent zu.

Preise steigen weiter

Während manche Rückversicherer keine Schäden durch Naturkatastrophen mehr decken wollen, scheuen die drei Grossen der Branche solche Risiken weiterhin nicht. "Wir haben Appetit auf Naturkatastrophenrisiken", sagte Munich-Re-Vorstandsmitglied Stefan Golling bereits am Sonntag. Am Montag stellten auch Swiss Re und Hannover Rück klar, dass sie in diesem Geschäft weiter wachsen möchten - allerdings nicht auf Biegen und Brechen.

"Der Preis des Risikos steigt", sagte Hannover-Rück-Chef Jean-Jacques Henchoz. "Das ist uns allen hier in Monte Carlo klar." Zwar habe die Hannover Rück in den Erneuerungsrunden des laufenden Jahres bereits deutlich adäquatere Preise und Konditionen erzielt. "Allerdings reichen diese Verbesserungen in Anbetracht der nach wie vor anspruchsvollen Risikolage nicht aus", sagte Henchoz.

Die Erstversicherer hatten ihre Gewinne jahrelang immer weiter gesteigert - während sie den Rückversicherern unliebsame Risiken aufbürdeten. Der Ratingagentur Moody's zufolge holen sich die Rückversicherer derzeit ein Stück des Kuchens zurück. Die Unternehmen selbst wollen diesen Trend auch 2024 aufrechterhalten.

Dass ihnen dies gelingt, erwarten auch die Ratingagenturen Standard & Poor's und Fitch. Sie haben ihre Ausblicke für die Rückversicherungsbranche angehoben. Deren Margen hätten sich verbessert, und die Unternehmen könnten zudem von den gestiegenen Zinsen am Markt profitieren.

Vermehrte Waldbrände, Hagel oder Fluten

Bei den Verhandlungen mit ihren Kunden haben die Rückversicherer besonders die immer häufiger werdenden mittelgrossen Naturkatastrophen im Blick. Die sogenannten zweitrangigen Naturgefahren ("secondary perils") wie Waldbrände, Sturm, Hagel und Überschwemmungen hätten in den vergangenen fünf Jahren mehr als die Hälfte der Katastrophenschäden verursacht, analysiert Moody's.

Nach Auffassung der Swiss Re müssen Erstversicherer und Rückversicherer solche Risiken künftig neu untereinander aufteilen. Nur so könne es Rückversicherern auch in Zukunft gelingen, Spitzenrisiken und Grosskatastrophen abzufedern. Erstversicherer seien besser dazu geeignet, um die Folgen von häufiger auftretenden, kleineren Unwettern zu tragen. Rückversicherer sollen verstärkt für die Folgen von ganz grossen Katastrophen geradestehen.

Im ersten Halbjahr hinterliessen Naturkatastrophen der Munich Re zufolge wirtschaftliche Schäden von rund 110 Milliarden Dollar - davon seien 43 Milliarden versichert gewesen. Im Gesamtjahr dürften die versicherten Naturkatastrophen-Schäden daher wie im Vorjahr die Marke von 100 Milliarden überschreiten, schätzen Vertreter von Munich Re und Swiss Re. Vergangenes Jahr waren sie mit 120 Milliarden Dollar wegen Hurrikan "Ian" noch höher ausgefallen.

Klimawandel mit Folgen

Dabei dürfte der sich beschleunigende Klimawandel dazu beitragen, dass tropische Wirbelstürme, Hitzewellen und Winterfrost, extreme Regenfälle, Waldbrände und schwere Stürme zunehmen, hiess es bei der Hannover Rück. Der Vorstand erinnerte an die jüngsten Feuer auf Hawaii sowie die Überflutungen in Slowenien und Österreich. Die hohe Inflation verteuert die Versicherungsschäden zusätzlich.

Dies trifft auch die Motorfahrzeugversicherung, bei der steigende Preise für Ersatzteile und Reparaturen teuer zu Buche schlagen. Um 2024 nachhaltig in die schwarzen Zahlen zu kommen, müssten die Unternehmen die Prämien ihrer Kunden um etwa 20 Prozent anheben, sagte Hannover-Rück-Deutschlandchef Michael Pickel. Dies sei aber unrealistisch.


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